Zur Geschichte der Psychotherapie

Die Geschichte der Psychotherapie ist nicht linear zu beschreiben. Gemäß der kulturellen, soziologischen und religiösen Struktur eines Volkes in einer bestimmten Epoche ist das psychologische Krankheitsverständnis zu sehen. Im gleichen Sinne wandelt sich im Laufe der Geschichte die Person des Helfers: Wurden die Menschen der Urzeit in ihren Nöten an den Priester, werden die Menschen der Neuzeit an Arzt oder Ärztin verwiesen. Kranken des Altertums, die nicht eigentlich körperlich krank zu sein schienen, kamen zur Linderung von Traurigkeit und Kummer an die Philosophen. Medizinmänner und Schamanen haben in sogenannten primitiven Völkern seit Jahrhunderten therapeutische Aufgaben übernommen. Die „moderne“ Art der Seelenbehandlung wird als „Psychotherapie“ bezeichnet; vom griechischen „psychen therapeutein“ abgeleitet bedeutet das „der Seele dienen“.

Gegen Ende des 19. Jh. taucht der Begriff „Psychotherapie“ bei J.Charcot, J. Breuer und S. Freud auf für zunächst suggestive und hypnotische Heilmethoden. In der weitesten Bedeutung wird er bis heute zum Überbegriff für alle Verfahren der systematischen Modifikation psychoneutorischer, psychosomatischer, teilweise auch psychotischer und sozialer Störungen.

Mitte der 50-er Jahre des 20. Jh. hat sich die Verhaltenstherapie etabliert mit Lerntheorien. Sie ging ursprünglich vom Konzept der Konditionierung und Löschung bedingter Reflexe aus. Neurotische Symptome werden als falsche und schädliche Gewohnheiten verstanden, die durch Techniken der Verhaltensmodifikation beseitigt werden können. In Abgrenzung zur Psychoanalyse wird auf den lebensgeschichtlichen Hintergrund, die einmalige persönliche Entwicklungsgeschichte und die Theorie des Unbewussten nicht eingegangen.

Mitte des 20. Jh. wurde in den USA 1962 die Gesellschaft für Humanistische Psychologie ins Leben gerufen, die sich durch einen lockeren Verbund unterschiedlicher Ansätze mit einem hinreichend gleichartigen Menschenbild und grundsätzlichen Übereinstimmungen in den Prinzipien therapeutischer Arbeit kennzeichnet. Bekannte Zweige sind die Gesprächspsychotherapie von Carl Rogers und die Gestalttherapie von Fritz Perls. Außerdem reiht sich das Psychodrama von Jacob Levy Moreno, die Bioenergetik von Alexander Lowen, die Transaktionsanalyse von Eric Berne unter die humanistischen Therapiemethoden.

„Neurotisch kranke Kinder kann man nicht auf eine Couch legen,“ damit machte Hans Zullinger (1893-1965) in einem Vortrag 1965 deutlich, dass sich Kindertherapie von der Erwachsenenanalyse unterscheiden muss. Pionierarbeit leistete Anna Freud (1895-1982), die die Einleitungsphase einer Therapie betonte, in der sich die Therapeutin das Vertrauen des Kindes erarbeiten muss, um die Krankengeschichte mit Zeichnungen, Traumdeutungen, freiem Assoziieren zu deuten. Die Außenwelt, vor allem die Beziehung zu den Eltern spielt in der Kinderanalyse eine große Rolle.

Melanie Klein (1882-1960) benutzt als kinderspezifische Behandlungsmethode die Spielanalyse. Der Symbolgehalt der spielerischen Handlung wird dem Kind gedeutet, um zu einer Verminderung der Ängste und ihnen zugrunde liegenden Konflikte zu führen.

Zullingers Ansatz der deutungsfreien Spieltherapie ist in seinem Werk „Heilende Kräfte im kindlichen Spiel“ 1952 erschienen. Der/die Therapeut*in kommuniziert mit dem Kind hauptsächlich durch Mitspielen und bewirkt so eine Ich-Stärkung. Seine Kinderanalyse ist sozialpsychologisch orientiert und sieht eine enge Zusammenarbeit mit Lehrern, Ärzten, Jugendrichtern vor, so dass therapeutische und pädagogische Arbeit zusammenlaufen.

Donald Winnicott (1896–1971) zählt mit Erik Erikson (1902–1994) zu den Vertretern der Psychoanalyse und Kinderpsychotherapie. Sie entwickeln mit ihren Arbeiten zur „Identitätsentwicklung“, „wahres / falsches Selbst“ , „the good enough mother (die hinreichend gute Mutter)“ , „Übergangsobjekt“ wegweisend: Gesundheit resultiert aus einer hinreichend guten Umwelt zu Anfang des Lebens.

Die Integrative Therapie ist ein phänomenologisches und tiefenhermeneutisches Therapieverfahren, das die Psychoanalyse mit erlebnisaktivierenden Elementen der Gestalttherapie, aktionalen Formen des Psychodramas und Methoden der Verhaltenstherapie verbindet. Vor allem werden Erkenntnisse der neuesten Säuglingsforschung und empirischen Entwicklungspsychologie einbezogen. Für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist die aktive Ausrichtung, in der Kreativität und Spiel einen bedeutsamen Platz haben, besonders geeignet.

Da die Integrative Therapie auf ein großes Spektrum an Methoden und Techniken zurückgreifen kann und verschiedene Formen (Einzel- oder Gruppen-, Fokal- oder Langzeittherapie) vorsieht, wird jeweils für jede Person das individuell bestmögliche Therapieverfahren gesucht. Das theoretische und klinisch erprobte Fundament ist schulenübergreifend. Es ist ein ganzheitlicher Ansatz unter Berücksichtigung der pathogenen und salutogenen Einflüsse des jeweiligen ökonomischen und sozialen Kontextes.

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